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Pfle­gende Ange­hö­rige: Wohin mit der eige­nen Belastung?

Einen Angehörigen zu Hause zu pflegen kann psychisch und körperlich belastend sein. Um die eigene Gesundheit zu schützen und psychischen Beschwerden vorzubeugen, ist Entlastung wichtig. Helvi Seehafer, Fachbereichsleiterin Ambulante Pflege bei der Johanniter-Unfall-Hilfe, erklärt im Interview, warum Pflegen zu Hause gut überlegt sein sollte.

Ältere Dame und Tochter haben Planungsgespräch mit Pflegekraft

Foto: Johanniter / Upfront Photo & Film GmbH

Sie haben täglich mit dem Thema Pflege zu tun: Wie ist die Situation in Deutschland?

Die Pflege ist von dem demografischen Wandel doppelt betroffen: Ein immer größer werdender Anteil pflegebedürftiger Menschen steht einer kleiner werdenden Gruppe von potentiellen Mitarbeitenden gegenüber. Die Unterstützung durch Angehörige oder andere Menschen aus dem privaten Umfeld wird also mehr als jetzt bereits eine besondere Bedeutung haben.

„Die Unterstützung durch Angehörige oder andere Menschen aus dem privaten Umfeld wird zukünftig eine besondere Bedeutung haben."

Sind Angehörige überhaupt geeignet, sich um die Eltern im Alter zu kümmern?

Angehörige haben meist ein enges Verhältnis und damit Vertrauen zueinander. Vertrauen ist wichtig, um eine Pflegesituation für alle Seiten gut zu gestalten. Insofern sind Angehörige sicher gut geeignet, um Pflege zu leisten. Ob jedoch auch die physischen oder psychischen Voraussetzungen vorliegen oder gegebenenfalls vorübergehend finanzielle Abstriche in Kauf genommen werden können oder überhaupt die räumliche Nähe vorhanden ist, ist individuell unterschiedlich.

Gibt es eigentlich „den“ typischen Pflegefall?

Die meisten Pflegefälle entstehen, wenn ältere Menschen in der häuslichen Umgebung stürzen und ins Krankenhaus müssen. Dann kommt es häufiger vor, dass eine Rückkehr in die eigenen vier Wände ohne Hilfestellung nicht mehr möglich ist. Ein Pflegedienst oder ein Hausnotruf kann dann dabei helfen, trotzdem weiterhin so sicher und so selbstständig wie möglich im eigenen Zuhause bleiben zu können.

Gut zu wissen
Pflegebedürftige Eltern

Wie erkenne ich, ob meine Eltern pflegebedürftig sind? Hier geht´s zur Checkliste.

Können Angehörige überhaupt erkennen, dass ein Pflegefall vorliegt?

Das ist schwer zu sagen, das ist nicht immer eindeutig. Wenn eine Person aber nur noch einseitig isst, die Körperpflege leidet, jemand zunehmend ungepflegt wirkt oder der Haushalt nicht mehr geschafft wird, sollte man Unterstützung in Erwägung ziehen.

Foto: Johanniter / Upfront Photo & Film GmbH

Können Angehörige überhaupt erkennen, dass ein Pflegefall vorliegt?

Das ist schwer zu sagen, das ist nicht immer eindeutig. Wenn eine Person aber nur noch einseitig isst, die Körperpflege leidet, jemand zunehmend ungepflegt wirkt oder der Haushalt nicht mehr geschafft wird, sollte man Unterstützung in Erwägung ziehen.

Gut zu wissen
Pflegebedürftige Eltern

Wie erkenne ich, ob meine Eltern pflegebedürftig sind? Hier geht´s zur Checkliste.

Welchen Rat geben Sie Angehörigen, wenn sie überlegen, einen nahestehenden Menschen daheim zu pflegen?

Achte auf dich! Selbst die teilweise Übernahme von Pflege ist eine physische und psychische Herausforderung. Es ist in jedem Fall wichtig, sich regelmäßig zu reflektieren: Wie leistungsfähig bin ich und brauche ich nicht doch noch Unterstützung? Diese Fragen sollten sich Angehörige von Anfang an immer wieder stellen.

Sollten pflegende Angehörige bestimmte Voraussetzungen erfüllen?

Nein, es gibt keine. Man sollte sich das aber gut überlegen und einen Plan haben, von dem, was man da tut beziehungsweise sich bestimmte Kenntnisse aneignen. Richtiges Heben und Tragen oder Informationen zu bestimmten Krankheitsbildern sind ebenso hilfreich, wie die diversen Unterstützungsmöglichkeiten, die es gibt.

Was mache ich mit meinen eigenen Bedürfnissen? Müssen die nicht erstmal hinten anstehen?

Das ist eine individuelle Entscheidung. Grundsätzlich sollte man sich darüber klar sein, dass eine Pflegesituation meist länger besteht und folglich die Belastung auch länger andauert. Die eigenen Bedürfnisse sowie Erholungsphasen sollten also nicht zu kurz kommen.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um mit den Eltern über ihre Zukunft zu sprechen?

Den „richtigen Zeitpunkt“ gibt es aus meiner Sicht nicht. Sicher ist früher besser als später. Wenn man Zeit hat, Entscheidungen in Ruhe und unter Abwägung mehrerer Dinge zu treffen, ist das sicher hilfreich. Das betrifft sowohl die Eltern als auch die Kinder. Ein offenes Gespräch hilft, Wünsche und Grenzen aller Beteiligten berücksichtigen zu können.

Was sollte ich auf jeden Fall bedenken, wenn ich mit meinen Eltern zum Beispiel über ein Pflegeheim/Pflegedienst sprechen will?

In jedem Fall sollte alles offen und transparent besprochen werden, damit eine verlässliche Pflegesituation gestaltet werden kann. Wichtig ist in jedem Fall, auch den finanziellen Punkt nicht außer Acht zu lassen. Die Pflegeversicherung ist eben eine Teilleistungsversicherung, die mit einem Eigenanteil verbunden ist.

Foto: Johanniter / Upfront Photo & Film GmbH

Was sollte ich auf jeden Fall bedenken, wenn ich mit meinen Eltern zum Beispiel über ein Pflegeheim/Pflegedienst sprechen will?

In jedem Fall sollte alles offen und transparent besprochen werden, damit eine verlässliche Pflegesituation gestaltet werden kann. Wichtig ist in jedem Fall, auch den finanziellen Punkt nicht außer Acht zu lassen. Die Pflegeversicherung ist eben eine Teilleistungsversicherung, die mit einem Eigenanteil verbunden ist.

Was kann ich tun, um selbst gut mit dieser Situation umgehen zu können?

Der Gesetzgeber ermöglicht berufliche Auszeiten nach dem Pflegezeitgesetz. Zudem gibt es die Möglichkeit der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege, um sich Freiräume von der Pflegeaufgabe zu verschaffen.