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Der sichere Weg nach Hause — Das Heimwegtelefon

Viele kennen es: nach einer durchfeierten Nacht oder einem langen Spieleabend bei Freunden steht meist der Heimweg alleine durch die Dunkelheit bevor. Je nachdem wie lange der Nachhauseweg ist und auch in welcher Gegend man wohnt, kann das nachts gar nicht mal so ungefährlich sein. Um Menschen – vor allem Frauen und marginalisierte Gruppen – in dieser Situation Hilfe anzubieten, wurde die Initiative “Heimwegtelefon” ins Leben gerufen. Was das ist und wie einem dort geholfen wird, erfährst du in unserem Artikel.

Dunkle Straße, die durch ganz wenig Licht beleuchtet wird

Foto: Frederico Almeida

Wie sicher fühlst du dich nachts?

Aus einer Studie des Bundeskriminalamtes geht hervor, dass Frauen sich nachts in Deutschland unsicherer fühlen als Männer. Und das, obwohl in den letzten Jahren das Sicherheitsgefühl und das Vertrauen in die Polizei deutlich gestiegen ist.

Tabelle mit Statistiken wie unsicher sich Frauen und Männer nachts in Deutschland fühlen

Mehr als die Hälfte der befragten Frauen haben ein unwohles Gefühl, wenn sie sich nachts noch auf den Straßen alleine aufhalten. Rund 41% vermeiden es aus diesem Grund sogar vollständig, das Haus ab einer bestimmten Uhrzeit zu verlassen.

Foto: Taylor Grote

Was ist das Heimwegtelefon?

Für den Fall, dass du dich auch auf deinem nächtlichen Weg nach Hause unwohl fühlst, gibt es den Service des Heimwegtelefons. Hier kannst du nachts zu jeder Uhrzeit anrufen und mit ehrenamtlichen Helfenden sprechen, bis du Zuhause angekommen bist. Ursprünglich stammt diese Idee aus Schweden. Dort gibt es den Service bereits länger und er funktioniert ähnlich – allerdings in direkter Verbindung mit der Polizei.

Gegründet wurde das Heimwegtelefon in Deutschland von zwei Freundinnen aus Berlin, die 2011 auf das Angebot in Schweden aufmerksam geworden sind. Was einst als “Zwei-Frau-Team” mit beschränkten Anrufzeiten begann, konnte bis Stand heute auf rund 100 Ehrenamtliche und allabendlichen Service ausgeweitet werden.

Foto: Taylor Grote

Was bietet mir Sicherheit?

Neben dem offiziellen Heimwegtelefon gibt es auch andere Anbieter, die einen ähnlichen Service zur Verfügung stellen, um auf dem Heimweg Sicherheit zu bieten. Welche das sind, findest du in unserer Liste.

Bei diesen Begleit-Apps wird allerdings nur der Standort getrackt. So können deine Familie und/oder Freunde sehen, wie weit es für dich noch nach Hause ist und ob sich dein Standort in die richtige Richtung bewegt. Sobald dies nicht mehr der Fall ist, kann dann die Polizei kontaktiert werden. Allerdings hast du bei diesen Apps keine Möglichkeit mit jemandem zu sprechen.

Foto: Andrea Piacquadio

Wie funktioniert der Service des Heimwegtelefons und wer darf ihn nutzen?

Nutzbar ist der Service für jede Person deutschlandweit – und das kostenlos. Falls du dich wirklich einmal auf deinem nächtlichen Weg nach Hause unwohl fühlen solltest, speichere dir die Nummer am Besten im Vorhinein ab:

Heimwegtelefon: 030 12074182

Sobald du zu einem Helfer oder einer Helferin durchgestellt wirst, kannst du deinen aktuellen Standort, wie auch dein Ziel, durchgeben. Das Telefonat geht so lange, bis du Zuhause bist und/oder du dich wieder wohler und sicherer fühlst. Während des Telefonats kannst du auch gerne deinen Standort ab und an aktualisieren, sodass die helfende Person direkt sehen kann, wie weit du noch von deinem Ziel entfernt bist.

Gut zu wissen

Du möchtest dich ehrenamtlich beteiligen?

Falls du dich ehrenamtlich für etwas beteiligen möchtest, schau doch gerne mal, was es bei dir so in der Umgebung gibt. Wie zum Beispiel den Weißer Ring e.V., der auch die Möglichkeit gibt, am Telefon Hilfe anzubieten. Die Ziele des Vereins sind die Förderung der Hilfe für Opfer von Straftaten und die Förderung von Kriminalprävention, wie auch die Unterstützung von Menschen, die Opfer von Kriminalität geworden sind.

Alles Weitere zu einem Ehrenamt beim Weisser Ring e.V. findest du hier.

Foto: Andrea Piacquadio

Wie kann mir jemand nur mit “Telefonieren” helfen?

Richtig physisch helfen kann der Anrufer oder die Anruferin dir natürlich vor Ort nicht. Es geht aber vor allem darum, dem Anrufenden ein Gefühl von Sicherheit zu geben, welches bereits durch ein nettes Gespräch vermittelt werden kann, da man nicht mehr ganz alleine in der Dunkelheit unterwegs ist. Durch dieses Wohlbefinden strahlen die Anrufenden meist auch eine größere Sicherheit nach außen aus. Dies kann bereits verhindern, in einen Überfall verwickelt zu werden, da potentielle Angreifer sich beobachtet fühlen. Sollte es allerdings trotzdem zu einem Übergriff kommen, kann in diesem Fall das Heimwegtelefon umgehend die Polizei verständigen. Somit ist physische Hilfe auf jeden Fall zu dir unterwegs und auch dein Standort ist schnell gefunden.

Kein Garant für 100 Prozent Sicherheit: Augen auf!

Auch wenn das Heimwegtelefon oder auch andere Begleit-Apps für den Nachhauseweg im Dunklen eine gewisse Sicherheit bieten, bewahren sie einen nicht vor möglichen Übergriffen oder Vorfällen. Wie auch im Straßenverkehr kann ein Smartphone auch schnell ablenken und damit eine größere Gefahr darstellen.
Hierbei gilt also: Trotz allem Ohren und Augen immer offen halten, um seine Umgebung stets im Blick zu haben.

Frau sitzt alleine an einer beleuchteten Straße und schaut auf ihr Handy

Foto: Julio Lopez

Das Schutz- und Vermeidungsverhalten

Besonders in Bezug auf das Schutz- und Vermeidungsverhalten wurden laut BKA große Geschlechterunterschiede festgestellt. Frauen z.B. passen ihr Verhalten viel häufiger an, um sich vor Kriminalität zu schützen, als Männer. Ein noch viel deutlicher Unterschied besteht allerdings bei der Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs bei Nacht. Hier verzichtet nur knapp ein Viertel der Männer auf die Nutzung in der Nacht, wobei es bei Frauen hingegen mehr als die Hälfte ist, um sich vor Kriminalität zu schützen. Ähnlich steht es um die Nutzung bzw. das Meiden bestimmter Straßen, Parks oder Plätze bei Nacht und auch das Ausweichen von fremden Personen.

Doch nicht nur Frauen im Allgemeinen empfinden eine große Unsicherheit draußen in der Nacht auf dem Weg nach Hause. Ebenso geht aus einer Studie des Lesben- und Schwulenverbands hervor, dass die Anzahl der Straftaten in Bezug auf Hasskriminalität gegen LGBTQI+ in den letzten Jahren stark gestiegen ist. Im Vergleich von 2020 auf 2019 war es bereits ein Anstieg von 36%.

Du möchtest Unterstützung anbieten?

Auch wenn das Heimwegtelefon im Moment keine neuen ehrenamtlichen Mitarbeitenden sucht, gibt es auch andere Methoden, Menschen nachts im Dunklen die Unsicherheit zu nehmen.

Im folgenden ein paar Tipps, wie du dich im Dunklen anderen Menschen gegenüber verhalten kannst, damit diese sich sicherer in deiner Umgebung fühlen:

1

Halte Abstand

Halte gerne Abstand zu der Person vor dir oder wechsle die Straßenseite wenn möglich, damit sich die andere Person nicht verfolgt fühlt und sie ihren eigenen “Safespace” hat.

2

Vermeide Hinterherlaufen

Sofern du aus einem Bus oder einer Bahn kommst, versuche zuerst auszusteigen, damit du ein vermeintliches Hinterlaufen verhindern kannst und sich niemand verfolgt fühlt

3

Keine Kapuze

Sofern es nicht regnet oder es nicht kalt ist, versuche es, eine Kapuze oder eine Vermummung zu vermeiden. Ebenso wie versteckte Hände in den Taschen. Dies kann auf Menschen in deiner Umgebung - besonders im Dunkeln - bedrohlich wirken.