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Und was jetzt? – Rich­ti­ges Ver­hal­ten bei Arbeitsunfällen

Kurz nicht aufgepasst und schon ist es passiert. Ein Unfall. Doch selbst bei größter Vorsicht lassen sich Unfälle nicht gänzlich vermeiden, auch am Arbeitsplatz nicht. Was dann konkret zu tun ist, erklären wir hier.

Die Füße einer Frau im Rollstuhl, wobei eines einen Gips hat.

Foto: Cottonbro Studio

Wann ist ein Unfall bei der Arbeit ein Arbeitsunfall?

“Na, eben ein Unfall, der bei der Arbeit passiert.” – könnte man meinen. Und ja, das stimmt grundsätzlich auch. Denn wir reden von Unfällen, die im Rahmen der Ausübung der beruflichen Tätigkeit vorkommen. Aber ganz so einfach ist es dann eben doch nicht:
Vor allem für Pendlerinnen und Pendler ist wichtig zu wissen, dass auch der Arbeitsweg mitzählt. Man spricht dann von einem Wegeunfall, einer Spezialform des Arbeitsunfalls. Sowohl der Hin- als auch der Rückweg gehören dazu.

Aber Achtung: Wer nicht direkt zum Arbeitsplatz fährt, weil er oder sie zum Beispiel noch eine Besorgung macht, fällt nicht in diese Kategorie. Eine Umleitung wegen einer Baustelle oder die Fahrt zum Hort, um Kinder während der Arbeitszeit betreuen zu lassen, sind hingegen Beispiele für Umwege, die als Teil des Arbeitsweges rechtlich anerkannt sind. Wer sich auf dem Weg zum Mittagessen verletzt, hat – auch wenn das ja gerade in einer Pausenzeit passiert – einen Wegeunfall. Die Zeit des Essen selbst fällt aber wiederum in den Bereich Privatangelegenheit. Sollte sich hier ein Unfall ereignen, wäre das kein Arbeitsunfall.
Im Einzelfall kann es also durchaus eine juristisch anspruchsvolle Frage sein, was als Arbeitsunfall zählt und was nicht. 

Unfall am Arbeitsplatz: Die wichtigsten Schritte für Helferinnen und Helfer

Jemand verletzt sich am Arbeitsplatz – je nach Schwere der Verletzung ist dann schnelle und kompetente Hilfe äußerst wichtig. Nun sind die Mitarbeitenden als Ersthelfende gefragt. Hier die wichtigsten Regeln für den Notfall:

1.

Sehen – verschaffe dir einen Überblick

Zunächst geht es darum, den Notfall richtig einzuschätzen. Du solltest Ruhe bewahren, denn: Nervosität, Unsicherheit oder Angst übertragen sich auch schnell auf Betroffene.

2.

Schützen – achte auf Eigen- und Fremdsicherung

Sicherheit sollte deine oberste Priorität sein – die der Betroffenen, aber auch auf deine eigene! Niemand erwartet, dass du dich für die Rettung anderer selbst in Gefahr bringst. Schätze deine Fähigkeiten und Möglichkeiten also realistisch ein.

3.

Retten – rette Personen aus dem Gefahrenbereich

Hast du die Situation erkannt und abgesichert, ist es Zeit, dich den betroffenen Personen zu widmen. Wie ist die Umgebung am Notfallort? Kannst du Feuer, Rauch oder gefährliche auslaufende Stoffe wahrnehmen? Dann gilt es, die betroffenen Personen möglichst an einen sicheren Ort und weg aus dem Gefahrenbereich zu transportieren.

4.

Prüfen – checke lebenswichtige Körperfunktionen

Die betroffene Person befindet sich nicht mehr im Gefahrenbereich? Gut, dann solltest du jetzt die lebenswichtigen Funktionen Bewusstsein und Atmung überprüfen.

5.

Notruf – wähle die 112

Bei schweren Verletzungen oder Störungen der lebenswichtigen Funktionen, unklaren Symptomen oder Situationen, in denen du dir unsicher bist, solltest du immer die Notrufnummer 112 wählen.

6.

Helfen – beginne mit Erste-Hilfe-Maßnahmen

Du hast bemerkt, dass die betroffenen Personen dringend Hilfe brauchen und der Notruf ist abgesetzt – jetzt wird es Zeit für Erste-Hilfe-Maßnahmen.

Sie werden solange durchgeführt, bis der Rettungsdienst eintrifft.

Erste Hilfe leisten – das sollte jede und jeder können. Zusätzlich sind Unternehmen auch dazu verpflichtet, eine von der Betriebsgröße, den Arbeitsschichtmodellen und dem Gefährdungspotential abhängige Anzahl an ausgebildeten Ersthelferinnen und Ersthelfer in den eigenen Reihen zu haben. Ersthelfende heißt in diesem Fall einen Erste-Hilfe-Kurs (9 Unterrichtseinheiten) durchlaufen zu haben sowie alle zwei Jahre das schon Gelernte in einem weiteren Kurs aufzufrischen und sich in diesem Rahmen fortzubilden.

Foto: Kenny Eliason

Arbeitsunfall – wer ist zuständig?

Die gute Nachricht für angestellte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Die Unfallanzeige bei der zuständigen Berufsgenossenschaft oder dem Unfallversicherungsträger übernimmt die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber. Jeder Unfall, der eine Arbeitsunfähigkeit der betroffenen Arbeitskraft von mehr als drei Tagen zur Folge hat, muss gemeldet werden.

Für alle medizinischen Fragen, insbesondere was die Schwere der Verletzungen und die Dauer des Genesungsprozesse betrifft, ist die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt zuständig.

Was zeitnah von einem der Ersthelfenden oder einer neutralen dritten Person erledigt werden sollte: ein Eintrag zu den Details des Unfalls im sogenannten Verbandbuch des Arbeitgebers. Diese Informationen können später wichtig werden – vor allem, wenn sich längerfristige, gesundheitliche Einschränkungen aus dem Unfall ergeben.

Gut zu wissen

Unfall melden

Der betroffene Arbeitnehmer bzw. die betroffene Arbeitnehmerin hat Anspruch auf eine Kopie der Unfallanzeige.

Foto: Kenny Eliason

Schon mal gehört?
Das Verbandbuch

Im Verbandbuch muss jede Verletzung, die am Arbeitsplatz auftritt, dokumentiert werden. 

Wichtige Angaben: Firma/Einrichtung, Abteilung/Bereich, Name der verletzten bzw. erkrankten Person.

Außerdem Angaben zum Hergang des Unfalls und zum Gesundheitsschadens Datum/Uhrzeit, Ort (Unternehmensteil), Hergang, Art und Umfang der Verletzung/Erkrankung, Name der Zeugen.

Die Erste-Hilfe-Leistungen werden hier auch dokumentiert: Datum/Uhrzeit, Art und Weise der Erste-Hilfe-Maßnahmen, Name des Ersthelfers/der Ersthelferin.

Inzwischen ist es zulässig, das Verbandbuch auch ausschließlich digital zu führen.

Egal in welcher Form – es gilt: Die Dokumentation muss fünf Jahre aufbewahrt werden und ist vertraulich zu behandeln.

Gut zu wissen

Durchgangsarzt finden

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) bietet auf ihrer Website eine Suchmaske an, um schnell und unkompliziert die nächstgelegene Durchgangsarztpraxis zu finden.

Foto: Cottonbro Studio

Alles halb so wild: Kann ich einfach zu meinem Hausarzt gehen?

Wenn der Rettungsdienst gerufen wird bzw. wenn die Verletzung schwerwiegend ist, ist die Notaufnahme einer Klinik die richtige Anlaufstelle.

Sollte der Unfall eher glimpflich verlaufen sein, reicht meist ein Besuch bei einem niedergelassenen Arzt oder Ärztin. Bei einem Arbeitsunfall sollte ein sogenannter Durchgangsarzt oder -ärztin aufgesucht werden. Handelt es sich um keine akut zu behandelnden Verletzungen, überweist die Durchgangspraxis meist direkt an die jeweilige Hausarztpraxis weiter.

Foto: Cottonbro Studio

Welche Ansprüche ergeben sich aus einem Arbeitsunfall?

Wie schon eingangs erwähnt, sind Arbeitsunfälle mitunter komplexe juristische Themen. Daher muss natürlich immer der konkrete Einzelfall betrachtet werden. Ganz allgemein lässt sich aber festhalten: Wer durch einen Arbeitsunfall arbeitsunfähig wird, erhält zunächst die ganz normale Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber. Nach Ende der Entgeltfortzahlung erhält die verletzte Person von den Berufsgenossenschaften bzw. Unfallversicherungsträgern das sogenannte Verletztengeld. Dieses ist in der Regel etwas höher als das Krankengeld, das bei einer Erkrankung, die nicht auf einem Arbeitsunfall beruht, zu diesem Zeitpunkt von den Krankenkassen gezahlt würde.

Werden Rehabilitations- oder Berufshilfemaßnahmen wahrgenommen, besteht eventuell auch Anspruch auf Übergangsgeld. Wer infolge des Unfalls arbeitsunfähig  oder sogar pflegebedürftig wird, erhält die üblichen Pflege- und Rentenleistungen.