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Schwer­be­hin­der­ten­aus­weis: Schutz statt Stigma

Offiziell ist ein Schwerbehindertenausweis nur ein formelles Dokument. Nicht mehr und nicht weniger. Emotional hat er für viele Menschen aber noch eine ganz andere Bedeutung. Auch deshalb haben wir uns damit auseinandergesetzt, warum es sinnvoll ist, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen, und weshalb das kein gesellschaftliches Stigma sein sollte.

Person im Rollstuhl in ihrer Küche

Foto: Marcus Aurelius

Wer bekommt einen Schwerbehindertenausweis und was sind die emotionalen Hürden?

Es gibt vielfältige Gründe und Erkrankungen, die einen Patienten oder eine Patientin dazu berechtigen, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen. Dennoch glauben wahrscheinlich die meisten Menschen, dass man jemandem seine Schwerbehinderung immer ansieht. Bei einer Person mit Gehbehinderung etwa mag das auch stimmen. Doch es gibt zahlreiche Krankheiten und gesundheitliche Einschränkungen, die Grund für den Status als schwerbehinderte Person sein können, die von außen nicht ersichtlich sind.

Das führt bei Außenstehenden manchmal zu Unverständnis und Verwirrung. Aber vor allem für die Menschen, deren Beeinträchtigung nicht auf den ersten Blick erkennbar ist, ist die Frage, ob man den Ausweis beantragt oder nicht, häufig eher ein emotionales als eine juristische Frage: Einen solchen Ausweis zu beantragen wird oft gleichgesetzt mit dem Gefühl, sich selbst als hilfsbedürftig anzusehen. Das fällt den meisten Menschen schwer. Zumal sich viele Menschen auch davor scheuen, was dieses “Label” mit ihnen in der Gesellschaft macht.

Ein weiteres Hindernis kann die Ansicht sein, dass es anderen ja viel schlechter geht als einem selbst und dass man deshalb ja ideell gar keinen Anspruch auf einen solchen Sonderstatus hätte. Das ist aber nicht der Fall. Der Status einer Schwerbehinderung umfasst den sogenannten GdB, Grad der Behinderung. Es spielt also ohnehin eine Rolle, wie groß die Einschränkungen sind, und dementsprechend muss sich auch niemand schuldig fühlen, wenn er einen solchen Ausweis beantragt.

Foto: Eren Li

Ein zusätzlicher Aspekt, der Menschen ebenfalls dazu bewegen kann, sich gegen einen Antrag auf Schwerbehinderung zu entscheiden, ist die Sorge vor möglichen beruflichen Benachteiligungen. Wird man als schwerbehinderte Person im Job denn überhaupt noch ernst genommen? Könnte der Arbeitgeber versuchen, das Arbeitsverhältnis deshalb zu beenden?

All diese Sorgen und Ängste tragen dazu bei, dass Schwerbehinderung immer noch als Stigma empfunden wird.

Vorteile und Chancen dank des Schwerbehindertenausweises

Umso wichtiger ist es, Menschen, die einen Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis haben, darin zu bestärken, ihn auch wirklich zu beantragen. Der Ausweis bzw. die Anerkennung des Schwerbehinderungstatus’ bietet nämlich vielfältige Vorteile und wichtige Unterstützung.

Ein entscheidender Anreiz für die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises sind die steuerlichen und finanziellen Erleichterungen, die damit verbunden sind. Betroffene haben Anspruch auf bestimmte Vergünstigungen, die ihre finanzielle Situation spürbar verbessern können. Jede Person, die schon mal schwerer erkrankt war, weiß, dass – selbst wenn es sich um eine vorübergehende Situation handelt – diese Phasen aus unterschiedlichen Gründen sehr viel Geld kosten können.

Ein zusätzlicher Aspekt, der Menschen ebenfalls dazu bewegen kann, sich gegen einen Antrag auf Schwerbehinderung zu entscheiden, ist die Sorge vor möglichen beruflichen Benachteiligungen. Wird man als schwerbehinderte Person im Job denn überhaupt noch ernst genommen? Könnte der Arbeitgeber versuchen, das Arbeitsverhältnis deshalb zu beenden?

All diese Sorgen und Ängste tragen dazu bei, dass Schwerbehinderung immer noch als Stigma empfunden wird.

Vorteile und Chancen dank des Schwerbehindertenausweises

Umso wichtiger ist es, Menschen, die einen Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis haben, darin zu bestärken, ihn auch wirklich zu beantragen. Der Ausweis bzw. die Anerkennung des Schwerbehinderungstatus’ bietet nämlich vielfältige Vorteile und wichtige Unterstützung.

Ein entscheidender Anreiz für die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises sind die steuerlichen und finanziellen Erleichterungen, die damit verbunden sind. Betroffene haben Anspruch auf bestimmte Vergünstigungen, die ihre finanzielle Situation spürbar verbessern können. Jede Person, die schon mal schwerer erkrankt war, weiß, dass – selbst wenn es sich um eine vorübergehende Situation handelt – diese Phasen aus unterschiedlichen Gründen sehr viel Geld kosten können.

Foto: Eren Li

Gut zu wissen
Temporäre Schwerbehinderung

Schwerbehinderung muss kein “Dauerzustand” sein. Nach heilbaren Krebserkrankungen beispielsweise gelten die Ausweise oft auf Zeit, im Rahmen der sogenannten Heilungsbewährung. Auch wenn es sich nur um eine begrenzte Phase im Leben handelt, ist der Antrag und die dadurch entstehenden Erleichterungen dennoch eine sinnvolle Hilfestellung während der herausfordernden Genesungsperiode.

Schutzrechte auf dem Arbeitsmarkt und in der Freizeit

Darüber hinaus gewährt der Ausweis spezifische Schutzrechte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die angesprochene Angst, dass einem eine Schwerbehinderung oder vielmehr die offizielle Bestätigung einer solchen, Probleme auf dem Arbeitsmarkt einbringen könnte, ist zwar nachvollziehbar, aber glücklicherweise unbegründet. Der Kündigungsschutz ist durch den Status beispielsweise erhöht und je nach Grad der Behinderung stehen einem zusätzliche Urlaubstage zu. Gegenüber dem Unternehmen muss niemand ein schlechtes Gewissen haben: Wer sich als Arbeitgeber oder Arbeitgeberin um die Gleichstellung und Inklusion beeinträchtigter Menschen bemüht, wird durch steuerliche Vergünstigungen vom Staat sogar belohnt.

Auch in der Freizeit kann ein Schwerbehindertenausweis finanzielle Vorteile bringen: Eintritte zu Veranstaltungen, Museen oder anderen Einrichtungen sind oft vergünstigt. Bei entsprechendem Grad der Behinderung bzw. Zusatzkennzeichnung dürfen Begleitpersonen, etwa im Theater oder im öffentlichen Nahverkehr, oft kostenlos mitkommen.

Foto: Shevets

Schutzrechte auf dem Arbeitsmarkt und in der Freizeit

Darüber hinaus gewährt der Ausweis spezifische Schutzrechte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die angesprochene Angst, dass einem eine Schwerbehinderung oder vielmehr die offizielle Bestätigung einer solchen, Probleme auf dem Arbeitsmarkt einbringen könnte, ist zwar nachvollziehbar, aber glücklicherweise unbegründet. Der Kündigungsschutz ist durch den Status beispielsweise erhöht und je nach Grad der Behinderung stehen einem zusätzliche Urlaubstage zu. Gegenüber dem Unternehmen muss niemand ein schlechtes Gewissen haben: Wer sich als Arbeitgeber oder Arbeitgeberin um die Gleichstellung und Inklusion beeinträchtigter Menschen bemüht, wird durch steuerliche Vergünstigungen vom Staat sogar belohnt.

Auch in der Freizeit kann ein Schwerbehindertenausweis finanzielle Vorteile bringen: Eintritte zu Veranstaltungen, Museen oder anderen Einrichtungen sind oft vergünstigt. Bei entsprechendem Grad der Behinderung bzw. Zusatzkennzeichnung dürfen Begleitpersonen, etwa im Theater oder im öffentlichen Nahverkehr, oft kostenlos mitkommen.

Gut zu wissen
Temporäre Schwerbehinderung

Schwerbehinderung muss kein “Dauerzustand” sein. Nach heilbaren Krebserkrankungen beispielsweise gelten die Ausweise oft auf Zeit, im Rahmen der sogenannten Heilungsbewährung. Auch wenn es sich nur um eine begrenzte Phase im Leben handelt, ist der Antrag und die dadurch entstehenden Erleichterungen dennoch eine sinnvolle Hilfestellung während der herausfordernden Genesungsperiode.

Foto: Ivan Samkov

Gegen Tabus und Stigmas kämpfen: Den Schwerbehindertenausweis als Normalität begreifen

Die Gesellschaft hat noch ein Stück Weg vor sich, wenn es um echte Inklusion geht. Das gilt auch und besonders, wenn es um das Thema Schwerbehinderung geht. Deshalb ist es wichtig, dass Menschen mit Behinderung genügend Aufmerksamkeit und Raum bekommen, um ihre Belange zu vertreten und ihre Sichtweise darzustellen.

Der Ausbau der Barrierefreiheit ist ein wichtiger Schritt zur Reduzierung von Benachteiligungen. Dies betrifft nicht nur physische Barrieren, sondern eben auch emotionale und soziale Ängste, wie sie mit dem Status einer Schwerbehinderung immer noch oft einhergehen.

Gut zu wissen
Wie beantrage ich einen Schwerbehindertenausweis?

Der Antrag muss bei den Versorgungsämtern gestellt werden. Der erste Ansprechpartner ist die behandelnde Hausarztpraxis oder bei stationärer Therapie die Klinik. Es gibt verschiedene Sozialdienste und Beratungsstellen, die Betroffene dabei unterstützen. Eine ausführliche Erklärung zum Prozedere (auch in leichter Sprache) findest du hier.

Gegen Tabus und Stigmas kämpfen: Den Schwerbehindertenausweis als Normalität begreifen

Die Gesellschaft hat noch ein Stück Weg vor sich, wenn es um echte Inklusion geht. Das gilt auch und besonders, wenn es um das Thema Schwerbehinderung geht. Deshalb ist es wichtig, dass Menschen mit Behinderung genügend Aufmerksamkeit und Raum bekommen, um ihre Belange zu vertreten und ihre Sichtweise darzustellen.

Der Ausbau der Barrierefreiheit ist ein wichtiger Schritt zur Reduzierung von Benachteiligungen. Dies betrifft nicht nur physische Barrieren, sondern eben auch emotionale und soziale Ängste, wie sie mit dem Status einer Schwerbehinderung immer noch oft einhergehen.

Gut zu wissen
Wie beantrage ich einen Schwerbehindertenausweis?

Der Antrag muss bei den Versorgungsämtern gestellt werden. Der erste Ansprechpartner ist die behandelnde Hausarztpraxis oder bei stationärer Therapie die Klinik. Es gibt verschiedene Sozialdienste und Beratungsstellen, die Betroffene dabei unterstützen. Eine ausführliche Erklärung zum Prozedere (auch in leichter Sprache) findest du hier.

Jede einzelne Person zählt: Mutmachen und Gesicht zeigen

Es ist wichtig zu betonen, dass ein Schwerbehindertenausweis nicht nur praktische Vorteile wie finanzielle Unterstützung oder steuerliche Vergünstigungen bietet, sondern auch ein Instrument zur Sicherung der Rechte und des Schutzes der betroffenen Person darstellt.

Je mehr betroffene Personen in der öffentlichen Wahrnehmung erscheinen, desto größer die Chance, dass einer Schwerbehinderung in der Gesellschaft nicht mehr mit Vorurteilen begegnet wird. Der Antrag auf einen Ausweis und der offene Umgang damit ist also ein guter Weg für Betroffene Vorbilder zu sein und es auch anderen Menschen in dieser Situation leichter zu machen, diesen Schritt ohne Angst zu gehen.