Wege aus Gewalt und Wohnungslosigkeit: Welche Möglichkeiten haben Betroffene?
Weltweit sind Frauen und Mädchen körperlicher und mentaler Gewalt ausgesetzt. Und das täglich. In den...
“Ich brauche Hilfe.” – Dieser Satz kommt vielen Menschen nur schwer über die Lippen. Dabei ist die Bereitschaft, die eigene Notlage zu sehen und zu handeln, der erste Schritt in Richtung Besserung. Gerade wenn es um psychische Probleme geht, ist der Weg von der Erkenntnis hin zum Psychotherapieplatz allerdings oft nicht einfach. Wir zeigen dir, wie es dennoch möglichst schnell klappen kann.
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Pauschal lässt sich das natürlich nicht beantworten. Geht es eher um allgemeine Sorgen und Belastungen im Alltag, kann vielleicht auch ein niederschwelliges Angebot, wie eine Selbsthilfegruppe, schon viel bewirken. Wenn du hingegen in akuter Gefahr bist, dich oder andere zu verletzen, ist das ein medizinischer Notfall und du solltest den Rettungsdienst rufen oder dich in eine Notaufnahme begeben.
Zwischen diesen beiden Polen gibt es eine ganze Bandbreite von Lebenssituationen und psychischen Zuständen. Wie sehr beeinträchtigen dich Sorgen oder Ängste im Alltag? Kannst du dein normales Leben noch führen und deiner Arbeit nachgehen oder wird das zunehmend schwieriger oder gar unmöglich? Viele Menschen ermahnen sich selbst zum Durchhalten und suchen bei psychischen Problemen, wie etwa Depressionen, erst sehr spät Hilfe.
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Deine erste Ansprechpartnerin ist die Hausarztpraxis. Hausärztinnen und Hausärzte sind heute deutlich sensibilisierter für psychische Erkrankungen als früher. Sie haben die Möglichkeit, dich in einer solchen Situation krank zu schreiben und dir eine Überweisung für eine psychotherapeutische Behandlung auszustellen.
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Es gibt einen großen Bedarf an psychologischer Betreuung, aber nur ein begrenztes Angebot. Freie Plätze sind also Mangelware. Hier hilft dir die Kassenärztliche Vereinigung deines Bundeslandes. Die jeweiligen KVen bieten auf ihren Webseiten filterbare Praxislisten mit Kontaktdaten an. Auch die Psychotherapeutenkammern jedes Bundeslandes stellen solche Datenbanken online zur Verfügung. Bei der Vermittlung eines Ersttermins unterstützt dich die allgemeine Terminservice-Stelle unter 116 117. Einige Bundesländer haben außerdem eigene Koordinierungsstellen für Psychotherapie eingerichtet, die einen Überblick über freie Therapieplätze haben.
Kassenärztliche Vereinigungen
Der Bundesverband der Kassenärztlichen Vereinigung besteht aus 17 Mitgliedern – eine für jedes Bundesland, wobei Nordrhein-Westfalen in zwei Vereinigungen aufgeteilt ist. Egal bei welcher Kasse man versichert ist: die KVs helfen bei der Organisation der wohnort- und zeitnahen Patientenversorgung. Ziel ist es, für jede und jeden eine möglichst reibungslose, ambulante medizinische Behandlung sicherzustellen.
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Hier erfährst du, wie der Weg zu einem Therapieplatz abläuft:
Ob eine Therapie für dich sinnvoll sein könnte, kannst du mit einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin im Rahmen von bis zu drei Sprechstunden gemeinsam klären.
Praxen mit Kassenzulassung sind verpflichtet, solche Sprechstunden anzubieten – auch wenn sie gerade keine freien Plätze haben. So kannst du relativ schnell diesen ersten Schritt machen und dich ggfs. schon mal auf eine Warteliste setzen lassen. Wie lang die Wartezeit ist, hängt vom Angebot ab und kann von Region zu Region deutlich variieren.
Du möchtest einen Termin vereinbaren und erreichst die Praxis einfach nicht? Die meisten Therapeutinnen und Therapeuten arbeiten allein und sind daher telefonisch oft nur schwer zu erreichen. Es kann also sinnvoll sein, es immer wieder zu versuchen, den Anrufbeantworter zu nutzen oder den Kontakt zunächst per Mail herzustellen.
Nach den Sprechstunden kannst du deine Therapeutin oder deinen Therapeuten in bis zu vier Probesitzungen kennenlernen und entscheiden, ob es menschlich passt und ob die angebotene Therapieform für dich die richtige ist. Sollte das nicht der Fall sein, kannst du auch mit einer anderen Praxis erneute Probesitzungen vereinbaren.
Sind sich beide Seiten einig, stellt der Therapeut bei der Krankenkasse einen Antrag, dem auch ein Konsiliarbericht der Hausarztpraxis beiliegt, der körperliche Ursachen für die Erkrankung ausschließt.
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Vor dem Antragsprozess musst du keine Angst haben: Dein Therapeut oder deine Therapeutin übernimmt hier in der Regel die Kommunikation mit Kasse und Hausarztpraxis. Nach der Genehmigung kann die eigentliche Therapie dann beginnen. Von den gesetzlichen Krankenkassen werden derzeit diese vier Therapieformen übernommen: Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Analytische Psychotherapie sowie Systemische Therapie.
Eine Therapie kann dir helfen, dein Leben, deinen Alltag und deine Gefühle wieder in den Griff zu bekommen. Auch wenn die damit verbundene Bürokratie und lange Wartezeiten aufreibend sein können: Hilfe zu suchen und anzunehmen, ist mutig und der richtige Schritt.
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